Tabuzone

Der Spieler verbotener Spielinhalte und Tabuzonen kritisierende Autor möchte lieber unerkannt bleiben ^^

Heute geht es um gewisse Tabuzonen im LARP. Oder konkreter gesagt um die Frage, ob man real-gesellschafts-kritische oder sozial-pädagogisch-wertvolle Themen in ein 08/15 Fantasy-LARP mit aufnehmen darf oder nicht. Natürlich ist diese Diskussion nicht neu sondern wurde schon vielfach thematisiert. Während sie auf diversen Mittelpunkten der letzten Jahre eher fruchtbaren Boden fand wurden Fragen wie „Ist LARP Kunst und muss daher bestimmte Fragen einfach stellen?“ im Larp-Wiki relativ kritisch behandelt.

Das Thema kommt nicht zufällig gerade jetzt auf meinen Blog-Plan; vielmehr wurde für mich die Diskussion nach einem kleinen Eintages-LARP letzten Samstag wieder aktuell. Es war eine kleine Geschichte (25 SC+NSC) und es hat sich (fast) jeder schon seit Jahren gekannt. Auch der Plot war recht simpel; Dreh- und Angelpunkt (aber eigentlich nur Kulisse) war ein Orakel von dem aus es immer wieder auf Missionen in den Wald ging und bei dem ich einer der Info-NSCs war. Die Vorgabe war „ein wenig so wie aus 300… aber baut das Verhältnis zwischen dem untugendhaften Orakelpriester und dem naiven Medium stärker aus“. Und so entstanden die Figuren Georg Potts (ein lispelndes, sabberndes und in allen Dingen maßloses Ekel) und Brianna (eine naive Schönheit vom Dorf die unter Drogen als „Medium“ im Tempel „diente“). Der Plot und die Rollen waren sehr dankbar zu spielen – genauer eingehen möchte ich aber im Folgenden auf die Wörter in Anführungszeichen; oder genauer gesagt, auf die Anführungszeichen selbst. Denn zwar waren die beiden Rollen Klischees, ihre Darstellung ging aber über das übliche LARP ein Stück hinaus. Wir beschränkten uns nicht auf stereotypische Andeutungen sondern konfrontierten unsere Mitspieler direkt mit Missbrauch von Untergebenen, zwanghafter Unterwürfigkeit und gewaltsamer Selbstjustiz.

Besonders spannend fand ich dabei, die Reaktionen der Spieler zu beobachten; oder besser gesagt die erst fehlende Reaktion und die darauf hin folgende Realisierung, was sie da eben miterlebt hatten. Nachdem der Priester alle Gäste nach draussen schickte mit Sätzen wie „Geht, ich muss dem Kind jetzt seine Sünden erlassen.“ war jedem der Lichtpriester und Edelritter klar, was da drin gleich passiert – aber keiner Griff ein. Als am Ende das Medium (inzwischen von den Drogen befreit) sich rächte und den Priester ermordete blieb dies weitgehend ohne große Konsequenzen für sie.

Das Feedback (danach im OT) war zwar weitgehend positiv; mich verblüfften aber dennoch ein paar (wenige) Spieler, die uns ziemlich deutlich sagten, dass solche Themen im LARP doch bitte nichts zu suchen hätten. Man gehe da hin um zu spielen und Spaß zu haben und nicht, um sich mit Problemen die so nah am realen Leben sind auseinander setzen zu müssen.

Bäm. Da war’s also. Wir machen das alles nur, um Spaß zu haben. Und bitte kommt mir blos nicht mit Gewalt-Kritik, Unterdrückungs- oder Missbrauchs-Themen. Wir schlachten fünhundertausend Dämonen, Untote und Räuber im Wald ab. Aber da (meistens) kein Blut fließt ist das ja keine „echte“ Gewalt. Und außerdem waren es immer die Bösen und die habens verdient. Und wenn dann einer ein Con macht bei dem alle getöteten NSCs einfach mal liegen bleiben heißt es gleich „Hilfe, Psycho-Con, das hätte mir aber jemand vorher sagen sollen!“. Denn wir wollen nicht, dass unsere Charaktere in Situationen gebracht werden, mit denen wir im realen Leben nicht zurecht kommen. Situationen wie „Ich weiss genau was da hinter dieser Tür passiert, aber es ist nicht mein Problem!“ oder „Na klar könnte ich dem da helfen aber dann könnte ja meinen Charakter etwas zustoßen!“.

„Lasst doch das verdammte Real-Life mit all seinen Problemen bitte zu Hause wenn ihr aufs LARP fahrt. Irgendwann muss man ja mal abschalten können.“ Was uns zurück zur Frage von oben bringt: Wie viel pädagogischen Ansatz verträgt das LARP? Und mit pädagogisch mein ich jetzt nicht Gruppenarbeit und Agressionsbewältigung. 😉 Wie viele OT Denkanstöße sind erlaubt? Will ich mich wirklich mit meinem Charakter und sozial oder emotional anstrengenden Situationen auseinander setzen?

Zugegeben – ich habe das hier mal wieder deutlich polemisiert. Natürlich sind gewisse Themen nicht für jedes Con geeignet. Die von mir oben beschriebene Szene hätten wir so niemals auf einem 100+ Personen Con umgesetzt, auf dem wir die Hälfte der Teilnehmer nicht kennen. Das gute alte „Man weiß ja nicht was X oder Y schon in echt durchgemacht hat.“ Thema. Und ganz besonders auf Großevents wie dem CQ muss man da sehr vorsichtig sein, da man fast ausschließlich mit Fremden spielt.

Aber rigoros zu sagen „sowas gehört nicht aufs LARP, oder wenn, dann nur auf speziell gekennzeichnete“ geht mir irgendwie gegen den Strich. Ich fand gut, wie einige der Spieler am Samstag ins Grübeln gekommen sind warum sie so oder so reagiert haben und was sie wohl machen würden, wenn ihnen das in echt passieren würde. Und wenn irgendwann mal nur einer von denen sich an das Con erinnert und das Richtige tut… wie wunderbar wäre das denn, bitte?

28 Gedanken zu “Tabuzone

  1. Tabuthemen im LARP… ja… es gibt so viele Themen, die man tabuisieren könnte. Sexuelle Gewalt steht da an vorderster Front, über Mord und Totschlag denken nur wenige nach. Rassismus gibt es meines Erachtens nach auch im LARP, man denke da an die natürlich anmutende Feindschaft von Zwergen und Elfen. Zwei gegensätzliche Kulturen treffen aufeinander, die einen graben sich durch die Erde, die anderen nehmen nur, was ihnen Mutter Erde gibt. Die einen glauben an Jesus Christus, die anderen an den Propheten Mohamed. Der eine trägt lieber Weiß, der andere Schwarz.

    Wenn man sich Gedanken über Moral und Ethik machen würde, dürften wir nicht mal mit Schwertern aufeinander losgehen. Dies wäre undenkbar.

    Und was ist mit realen Ängsten?

    Es wird gemutmaßt, dass bei übertriebenen Gewaltdarstellungen, Folter und sexueller Gewalt Menschen real zu Schaden kommen könnten, da sie ein psychologisches Trauma davontragen könnten.

    Aber ist es nicht auch so, dass man ganz bewusst mit den realen Ängsten der Spieler spielt, um sie auch emotional in das Spiel einzubinden?

    Alptraumhafte Gestalten, gruselige kakophonische Klänge und Choräle, Schockmomente…

    Ist so etwas nicht weitaus gefährlicher, weil noch unberechenbarer?

    Meiner Meinung nach, wird diese Tabu-Diskussion halbherzig geführt.

    Ich unterstelle, dass jemand, der ein bestimmtes Thema tabuisieren möchte (z.B. nur keine Darstellung von sexueller Gewalt), nicht konsequent darüber nachdenkt, welche Gefahren noch auf die Teilnehmer lauern, Gefahren, die ihre geistige Unversehrtheit nachhaltig beeinträchtigen könnten…

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  2. @merl & normann: falls ihr nur eure meinung äussern wollt (losgelöst von meiner ursprünglichen aussage) dann hab ich dazu eigentlich nichts zu sagen, da es ja eure meinung ist. wenn ihr das was ihr schreibt aber als antwort auf meinen ursprünglichen punkt seht dann muss ich euch leider sagen, dass ihr meilenweit an meiner aussage vorbei redet. es ging in dem artikel nur ganz am rande um die reaktion im spiel auf die ihr in euren antworten ausschließlich eingeht.

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  3. „Ich finde es schrecklich, wenn Leute einen auf „damit will ich jetzt aber nichts zu tun haben… ooooh Probleme!!“ machen und anderer Seits auch noch 100 Orks einfach mal so abschlachten.“

    Ich finde genau das ist das Problem: Im Larp kann ich Sachen machen die ich in RL nie (absolut nie) machen würde.
    Ich haue also 100 Orks um und mein Charakter findet das richtig. Wenn jetzt ein sabbernder Priester meines IT-Gottes (an den ich sehr fest glaube) um die Ecke kommt und mir erklärt das die Schändung einer Jungfrau ein gottgefälliges Opfer ist dann kann ich nur dem Glauben abschwören – mit den angedeuteten Konsequenzen für meinen Char ODER ich frage: Soll ich irgendwo festhalten damit es leichter …
    Im LARP sind die Grenzen zwischen richtig und falsch manchmal ganz deutlich gezogen oder ebend total verwischt. Was auf dem einen Con bei der einen Orga total klar und einfach ist, sprengt bei der nächsten den Plot.
    Wenn eine SL mit einer solchen Szene provozieren will sollte sie nicht überrascht wein wenns nicht funktioniert. Ich finde es nachvollziehbar das nicht alle Chars ihre it-Erziehung im strengen Glauben abwerfen und zu Reformatoren und Ketzern werden.

    Fazit: Eine SL kann jedes pädagogische oder gesellschaftskritische Thema in den Plot einbauen – sollte aber kein ot-moralisches Verhalten erwarten. Die wenigsten it-Chars befolgen dies.

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  4. ich glaube tatsächlich das wir aneinander vorbeireden !
    wie kann man denn nichts erwarten und sich dann darüber auslassen das nichts kam , obwohl es doch nach deiner aussage provuziert war ?

    das die kritik ot ist , war mir klar , oder sind wir jetzt it ?
    ich bin allerdings der meinung das eine person , welchen char sie auch spielt sehr viel von ihrem ot verhalten mit in den it bereich nimmt.
    das natürlich nicht bewußt , aber jeder mensch hat bestimmt verhaltensmuster aus denen er nicht rauskommt.

    dies weiter auszuführen , führt allerdings in eine andere richtung, zurück zu deinem beitrag.

    möchtest du damit kritik üben , oder nicht ?

    merle

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  5. Ich finde es schrecklich, wenn Leute einen auf „damit will ich jetzt aber nichts zu tun haben… ooooh Probleme!!“ machen und anderer Seits auch noch 100 Orks einfach mal so abschlachten.
    Gerade so einen Plot finde ich mal was anderes. Ich wäre rein gegangen und hät mir den Priester vorgeknöpft, egal was mit meinem Charakter ist, auf den kann ich ja aufpassen… auserdem kann man ja auch andere Leute mobilisieren!

    😀

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  6. Hallo ,

    ich hab da mal ne Frage an den Autor : Welche Reaktion hättest du dir denn gewünscht ?

    Ich habe mich gefragt ob ich etwas dagegen getan hätte und ich muss glaube ich ehrlich gestehen , ich hätte mich furchtbar aufgeregt, aber getan ? ich weiß es nicht , ich glaube ich hätte die befürchtung gehabt das con zu stören . war es denn nicht auch vorgesehen das sie sich recht ?

    Sollte der strahlende held auftauchen und etwas unternehmen ?

    das wäre dann aber ein anderes con geworden ?

    Ja ja , fragen über fragen .

    Liebe Grüße

    Merle

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    • Hallo Merle,

      Ich hab‘ gar nichts „erwartet“. Natürlich hat die SL von allen „Lichtis“ die vor dem Zelt saßen eigentlich erwartet, dass sie eingreifen und denen dann auch ein paar IT Konsequenzen ihrer Gottheiten verpasst.

      Aber wir NSCs haben schon während das alles geschah vermutet, dass viele genau so reagieren würden. Aus diesem Grund haben wir auch danach noch etwas versucht, die Sache eskalieren zu lassen, um eben eine Reaktion (wenn auch nachträglich) zu provozieren. Hat aber auch nicht geklappt. Das war wiederum auch sehr spannend zu beobachten.

      Beantwortet das deine Frage?

      Viele Grüße,
      Fabian

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    • in gewisser weise schon .

      wenn ihr eine reaktion provoziert habt kann ich dein unverständniss verstehen. mein char wäre mir auch egal gewesen.

      liebe grüße

      merle

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      • “ Das Feedback (danach im OT) war zwar weitgehend positiv; mich verblüfften aber dennoch ein paar (wenige) Spieler, die uns ziemlich deutlich sagten, dass solche Themen im LARP doch bitte nichts zu suchen hätten. Man gehe da hin um zu spielen und Spaß zu haben und nicht, um sich mit Problemen die so nah am realen Leben sind auseinander setzen zu müssen. “

        Das ließt sich aber anderes ….

        merle

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      • hm… Entweder hast du meinen urspünglichen Blogeintrag falsch verstanden oder wir reden jetzt aneinander vorbei.

        Du hast in deinem ersten Kommentar nach einer erwünschten Reaktion (im Spiel) gefragt. Ich habe dort keine erwartet und war nur verblüfft wie treffend die Erwartung war. Die Passage die Du dann in deinem dritten Kommentar zitierst bezog sich ja nicht auf die direkte Reaktion (im Spiel) sondern auf die Kritik über das Spielgeschehen insgesamt lange danach im OT.

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  7. Ich find das hier angesprochene nicht wirklich besorgnis erregend, ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und zum Beispiel des Films 300 zurück kehren wo die Priester im Kollektiv über das Medium herfallen (ohne das sexuelle Handlungen zu sehen sind). Selbst soetwas würde ich auf einem Con (FSK18) noch Ok finden da soetwas in unserer Gesellschaft in Film un Fernsehn ja auch gezeigt wird ohne das es vom Staat zensiert wird oder auf dem Index landet.

    Viele Spieler sollte sich klarer machen mas FSK18 bedeutet nämlich das sexuelle Handlungen und Gewaltdarstellungen durchaus vorkommen können.

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  8. Ich frage mich manchmal bei sowas was in den Köpfen der Leuten vorgeht die sich moralisch bei sowas immer aufspielen ala „Sowas gehört nicht ins LARP“

    Für mich ist das eher so ne Art moralisches Instinkthandeln ohne wirklich nachzudenken. Es ist schlecht, es ist verwerflich daher Tabu also Böse also hat es im LARP nichts zu suchen.

    Diese Argumentation ala „Wer weiß was jemand erlebt hat und was sowas auslöst“ ist für mich eher so ne scheinheillige Ausrede. Na klar gibt es sowas. Und klar kann sowas auch was im Kopf eines realen Opfers auslösen. Das kann man nicht bestreiten. Aber was ist mit den Opfern von Schlägern?

    „Was ist wenn jemand real mal von ner Schlägertruppe vermöbelt wurde? Und was ist wenn ein solches Opfer nun mitansehen muss oder selbst Opfer von einer marodierenden „Räuberbande“ wird im Spiel? Passiert da nichts im Kopf des Opfers? Vielleicht sollten wir sowas auch einfach aus dem LARP streichen.

    Und was ist eigentlich mit diesen ganzen Morden auf dem LARP? Da wird gemeuchelt, da werden Todesstösse gesetzt usw. Sprich gezieltes Töten. Anscheinend hat man da weniger Probleme. Hmm, könnte man daraus also schließen das für LARPer töten etwas total normales ist? Ist das also im realen auch OK? Ich hoffe doch nicht.

    Also warum haben wir gerade mit solchen Tabu-Themen im LARP Probleme?

    Ich finde auch Tabus gehören ins LARP dazu. Es bereichert das LARP. Es bereichert die Erfahrungen des Charakters. Daran kann er wachsen… die Frage ist vielleicht nur will er das? bzw. der Spieler?

    Und die Frage ist wenn man sowas im LARP mitbekommt, warum schreite ich bzw. der Charakter nicht ein? Ist es dem Charakter egal? Ist es die Angst des Spielers um den Charakter? Könnte ja was passieren. Oder ist es die wahre Natur des Spielers die da zu tage kommt. Ala „bloss nicht einmischen wer weiß was passiert“. Anderseits ist der Spieler dann wirklich der Held der er gerne wäre? Und warum mischt er sich dann überhaupt in soviele Dinge ein die ihn ja eigentlich nichts angehen?

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  9. @Lena & senatorcongerius: Und wo ist die Grenze zwischen beidem? Daß auch „ausgespielt“ bei Gewalthandlungen immer nur symbolhafte Darstellung heißt, ist meiner Erfahrung nach durchaus Konvention. Das ist ja bei den nicht tabuisierten Gewaltformen nicht anders.
    Die Schwierigkeit besteht darin, den Abstraktionsgrad festzulegen, ab dem die Handlung OK ist.

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    • „Angespielt“ ist, wenn wie bei Fabs beschrieben wird, dass der Diener zu den Siedlern sagt „Geht raus, ich will ihr ihre Sünden zeigen“. Sprich das Kopfkino eines Zuhörers ist angeschaltet. Wenn dazu Laute hervordringen die dementsprechend sind geht das Kopfkino auch noch weiter.

      „Ausgespielt“ ist es, wenn der Diener sagt „Und nun lasst uns ihr ihre Sünden zeigen. Ich befehle dir dich zu entkleiden“…und nicht nur Geräusche sondern auch Taten sind zu sehen.

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      • Ich habe schon verstanden, was Du mit der Differenzierung der Begriffe ausdrücken willst. Abgesehen davon, daß ich diese Differenzierung in Fabians Text aber nicht ausmachen kann, sehe ich auch nicht, wo genau Du die Grenze ziehen willst, da eben tatsächliche Gewaltausübung prinzipiell im LARP nie stattfindet. Kämpfe und Tötungen werden mit Polsterwaffen dargestellt, Verwundung Folter mit Kunstblut und Schminke. Es sind auch Darstellungen sexueller Handlungen machbar, die abstrakt genug sind, um nicht tatsächlich coram Publikam eine Nummer schieben zu müssen und dennoch weitaus konkreter sind, als das Beispiel aus Fabians Blog.

        Daher ist mir etwas unklar, warum Du oberhalb einer relativ willkürlich von Dir gezogenen Abstraktionsgrenze Fabian Recht gibst, aber unterhalb dieser Grenze genau das von ihm kritisierte kategorische Tabu als selbstverständlich annimmst.

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      • Ich denke, dass genau diese willkürlich von ihr gezogene Grenze den Punkt darstellt, auf den diese Diskussion momentan hinauszulaufen scheint, nämlich, dass der allgemeine Trend zur teilnehmerbezogenen und persönlich an den Eigenschaften, Ängsten und Fähigkeiten zur Abstraktion (jedes einzelnen Spielers wie Nichtspielers) angelehnten Veranstaltungen geht.
        Wie bereits vorher beschrieben sind solche Konzepte natürlich nicht zu vollen Teilen auf größere Cons übertragbar, jedoch durchaus als Lösungsansatz für private und kleinere Cons anwendbar.
        Somit werden genau die persönlichen Grenzen in den Vordergrund gestellt und keineswegs als negativen Beitrag zur Diskussion zu verstehen, sondern als klares Statement einer Larperin zu diesem Thema, wo bei ihr der Schlussstrich gezogen würde.

        Eine FSK gibt es zu großen Teilen bei Cons ja schon (siehe z.B. auch Larp-Kalender), jedoch müsste schon bei den Anmeldungen strikter auf die klare Einhaltung von Altersgrenezn geachtet werden, wenn bekannt ist, dass die Orga explizit die Darstellung von gewissen Tabu-Themen (mit persönlich von der Orga gesetzten Grenzen) im Plot einbindet. Somit kann jeder Spieler (sofern alt genug) frei entscheiden inwiefern diese Art von Conzept etwas für ihn ist. Dementsprechend wird sich wohl schon nach kürzester Zeit herausstellen ob solche Cons gefragt sind und sich (gemäß dem simplen Gesetzes des Angebots und der Nachfrage) weiter etablieren können oder doch zu großen Teilen die romantische Seite des Larp gefragt ist.

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  10. Man sollte sich bei solchen Überlegungen immer ins Gedächtnis rufen, dass es so etwas wie eine homogene Gruppe an Rezipienten beim Larp genausowenig gibt wie bei anderen Unterhaltungsmedien (z.B. Film und Computerspiele). Somit gibt es erheblich divergierende Ansichten darüber, was so alles auf dem Larp passieren kann und soll. Die vom Autor geschilderte Situation (die ich übrigens richtig genial finde) wäre somit bei anderen Teilnehmern unter Umständen auch ganz anders aufgenommen worden. Im Grunde genommen ist auf einem Con fast alles möglich, es hängt nur von den Teilnehmern ob, ob man es auch machen sollte.

    Hier beginnt für mich wiederum die Notwendigkeit, dass der Veranstalter seine Einladung gezielter und differenzierter gestaltet. Nichts ist schlimmer als Leute, die in den Kinofilm „Tod in Venedig“ gehen, weil sie meinen, dass wäre der neueste Action-Kracher mit dem „Schtallone“.

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  11. Ich hab auch schon mehrere Cons erlebt, bei denen solche Gewaltszenen mit angedeutet wurden. Doch es gibt eine für mich sehr deutliche Situation, in der es „NEIN“ heißt. Das beginnt schon bei einer menschenähnlich-angezogenen Strohpuppe die aufgehängt wurde…für mich nicht schlimm, aber wenn Minderjährige anwesend sind ein absolutes Tabu. Wie alle Darstellungen von dieser darstellenden Gewalt. (Denn: Kinder können bis zum Alter von 8 Jahren nicht unterscheiden ob jemand tot spielt oder tot ist, wenn der Darsteller zu „gut“ spielt und deswegen zu lang liegenbleibt. Auch die Unterscheidung zwischen „Opa als Nikolaus“ und „der Nikolaus“ ist für viele noch schwierig.)

    Deswegen deklariere ich einen Con lieber übervorsichtig als „Ü18“.
    Was wohl nicht weiter erwähnt werden muss ist, dass das klare Ausspielen von sexuellen Übergriffen, Folter etc. ebenso Tabu sein müssen.
    Ebenso sollte jeder Teilnehmer zu jeder Zeit die Möglichkeit haben sich zurückzuziehen.
    Ich hatte auch schon nen Pferde-Phobiker auf einem Con mit berittenen NSC….eine kleine Katastrophe.
    Seitdem frag ich auf dem Anmeldebogen meist nach Phobien und Ängsten und wo die persönliche Grenze eines jeden liegt…
    …und auch wenn es einem peinlich ist, so find ich es besser dies zuzugeben als zu schweigen und sich zu quälen. Heutzutage wird man doch wegen sowas nicht mehr diskriminiert…

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    • „Was wohl nicht weiter erwähnt werden muss ist, dass das klare Ausspielen von sexuellen Übergriffen, Folter etc. ebenso Tabu sein müssen.“

      Wenn ich Fabian recht verstehe, sind es doch genau siese „selbstverständlichen“ Tabus, gegen die sich der Blog-Eintrag richtet.

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      • Eine sehr gute Unterscheidung!

        Bei sexueller Gewalt:

        Anspielen: Ja!

        Ausspielen: Nein! Denn das ist ehrlich irgendwann kein Spiel mehr!

        Folter, hmm, gute Frage, die Folter die ihr auf dem CoM09 mit ausgewählten Charakteren (auch mir) gemacht habt. …
        Also ich fands wirklich super! Aber ich denke das gehört genau in dieses Thema!

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      • Warum ist das klare Ausspielen von sexuellen Übergriffen, Folter, etc. denn so selbstverständlich Tabu? Angenommen, der Con ist nur für Volljährige.

        Warum soll dann sowas „selbstverständlich nicht“ ausgespielt werden? Wenn es für die Spieler zu viel wird, können sie gehen – und wenn es für die Darsteller zu viel wird, können sie immer noch „Stop!“ sagen.

        Warum soll auf LARP etwas „selbstverständlich“ verboten sein, was ich im Internet oder in Computerspielen oder Filmen als Volljähriger ohne Probleme sehen darf?

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  12. Wirklich interessante Denkanstöße!
    Ich finde solche Situationen immer sehr anspruchsvoll, es zwingt einen dazu, das eigene Charakterkonzept auf Herz und Nieren zu überprüfen. Mancher muss tief durchathmen und die OT Moralvorstellungen einfach mal OT sein lassen…
    Viele LARPs spielen nunmal in einer Welt die nach unseren Wertvorstellungen ’schlecht‘ ist. Angelehnt an das ‚finstere‘ Mittelalter verstehe ich zwar bei vielen den Wunsch das ‚finstere‘ wegzulassen und nur den romantischen Gedanken zu leben den uns Bücher und Lieder aus dieser Zeitepoche (sowie daran angelehntes Fantasy) vermitteln. Aber mir würde tatsächlich etwas fehlen wenn die Con’s in Zukunft nur noch ‚FSKunter18‘ wären…

    Vielleicht ist das ja der richtige Ansatz, vereinheitlichte FSK für LARPs? Da gibt es ein Konzept das ich sehr gut fand, mal sehen ob ich das noch finde… *gruschel*

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  13. Auf dem „Unter Ahlfelds Fahne“ am vorletzten Wochenende ging es um die Vorbereitung eines Feldzugs der (nach eigenem Maßstab) guten Ceriden gegen die (nach dem Maßstab der Ceriden) bösen Ismiten. Die Begeisterung, zu der sich die als angeheuerte Söldner auftretenden SCs aufstacheln ließen, nahm – obwohl natürlich gespielt – stellenweise beklemmende Züge an. Man konnte in Ansätzen erahnen, warum Nürnberger Parteitage und Sportpalastreden funktioniert haben.
    Um so wichtiger war in meinen Augen eine Szene, in der der Kriegsherr einen unter Parlamentärsflagge auftretenden ismitischen Unterhändler mitsamt seinen Frauen relativ rücksichtslos umbringen ließ.
    Das hat die moralische Schwarzweißmalerei „wir=gut, die Anderen=böse“ deutlich gebrochen und Grautöne eingefügt. Als Ceridischer Priester hatte ich danach mehrere interessante Spielszenen, in denen sich Charaktere mit dem moralischen Dilemma des „gerechten“ Krieges auseinandergesetzt haben.

    Gut: sexuelle Gewalt war da bestenfalls implizit das Thema, aber der Sachverhalt „sozial oder emotional anstrengende Situation“ wurde dadurch jedenfalls wirkungsvoll ins Spiel eingebracht.

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  14. Hm. Aus der Perspektive eines LARP-Opis ist das Thema ist nichts Neues mehr. Wann war nochmal Akademia Nocturna – ist das wirklich schon über 10 Jahre her ?

    @OT-Problematiken: Das Thema ist nunmal ein heikles. Niemand kann wissen, was in Spielerköpfen vor sich geht und gerade _die_ Szene, die man für besonders spielerisch wertvoll hält, im Spieler versteckte Traumata weckt. Wir hatten das damals ausdrücklich in die Einladung geschrieben und trotzdem (teilweise) diese Problematik gehabt.

    Interessant wird das Ganze, wenn man das Thema tiefer angeht. Als Vorbereitung für einen Con hatten wir einen psychologischen Fragebogen entworfen, den wir den Spielern vorher zur Verfügung gestellt hatten. Der war getrennt nach Spieler und Charakter; wenn man sich die Mühe damit machen möchte (z.B. für intensive Traumszenen usw.) bestimmt ein Weg, damit sensibelumzugehen. Das Echo damals war sehr gut. Aus Ressourcengründen allerdings nichts für Massencons >200 Leute; wir hatten damals für diesen Con in Murach 50 Spieler und 120 NSCs.

    Persönlich denke ich, daß es im LARP so geht wie in allen Sachen: Solange es wenige sind, die man gut kennt und mit entsprechender behutsamer Vorbereitung läßt sich fast alles machen – für ein „Drive-by-Shooting“ eignen sich diese Themen an sich nicht.

    PS: Die von Dir dargestellte Szene halt ich – ohne sie gesehen/gehört zu haben – für komplett harmlos; da sollte sich keiner aufregen. Die sollen mal alle in einem mit medizinischen Blutegeln gefüllten Wasserfaß nach einem Schlüssel suchen 😉

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  15. Statler: „Schau an, schau an: Das ist heute mal wieder ein Prachtbeispiel an Selbstgerechtigkeit!“

    Waldorf: „Da bildet sich der Herr Autor mal wieder ein, uns sagen zu wollen, was gutes Rollenspiel ist!“

    Statler: „Und dabei stellt er es auch noch so hin, als würde er permanent nur an die geistige Weiterentwicklung seiner Mitspieler denken…“

    Waldorf: „Ich sage: Der hatte einfach nur Spaß mit dem armen NSC Mädchen und will sich jetzt rechtfertigen, der geile Bock!“

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